
Auf dem Bild von links: Dave Tjiok, Burkhard v. Stackelberg, Thomas Rehmet (Hochschule Reutlingen), Sebastian Donath und Eleftherios Hatziioannou

Am Stand von „Chill Choc“ gab es ein Entspannungsgetränk aus Hanf und Kakao.
Bei der zweiten Re-Startup-Night in Reutlingen trafen junge Unternehmer und solche, die es noch werden wollen, in lockerer Gesprächsatmosphäre aufeinander. Knapp 100 Studierende und Mitarbeitende der Hochschule Reutlingen sind vor kurzem der Einladung des Centers for Entrepreneurship gefolgt, um aus emotionalen Vorträgen über das Scheitern und Wiederaufstehen zu lernen.
Experten schätzen, dass mehr als 80 Prozent aller Start-ups innerhalb von drei Jahren scheitern. Laut Deutscher Start-Up Monitor 2017 hat bereits ein Drittel der deutschen Start-up-Gründer zuvor ein gegründetes Start-up eingestellt. Die häufigsten Ursachen sind fehlende Nachfrage, Probleme mit dem Team und zu wenig Geld. Darüber sind auch die drei geladenen Redner schon gestolpert. Mit ihren Auftritten wollten sie Gründungsinteressierten helfen, Fehler zu vermeiden und die Angst vor dem Scheitern nehmen.
Sebastian Donath war der erste Redner auf der Bühne, der gut nachvollziehbar den beginnenden Höhenflug seines Shops „my pillow factory“ beschrieb: Anfangs nur ein Geschenk für eine Freundin, wurde aus den mit Formen und Botschaften personalisierbaren Kissen ein richtiges Geschäft. Er hängte seine Agrarwissenschaftler-Karriere an den Nagel, gewann den Regional-Cup des „Elevator Pitch BW“, akquirierte Kunden auf Messen und war 2015 zu Gast in der „Höhle der Löwen“. Mit der Beurteilung der Fernsehexperten nahm das Schicksal der Kissen-Fabrik seinen Lauf: Trotz neuer Kunden führten Qualitätsmängel und falsche Logistik zu einer hohen Retourenquote, die ein dickes Loch in die Kasse riss. Aus der Analyse seiner Fehler hat Donath viel gelernt, gründete ein bis heute erfolgreiches eCommerce-Business und gibt seine „lessons learned“ heute gern als Redner und Coach weiter. Neue Startup-Ideen unterzieht er inzwischen der Design Thinking Methode, um sie möglichst früh auf Herz und Nieren zu prüfen.
„Lasst euch nicht unterkriegen“ lautete auch die Botschaft des nächsten Redners: Dave Tjiok hat schon im schulischen „Erfinderclub“ und bei „Jugend forscht“ erfahren, wie einfach es sein kann, eine Idee und damit auch Erfolg zu haben. Mit der Herstellung und Anwendung von Pflanzenkohle-Produkten verfolgte der Chemiker die nachhaltige Idee, aus Bioabfällen fruchtbare Humuserde herzustellen. Die Technologie dazu funktionierte, aber ihm fehlte ein Geschäftsmodell. So geriet das junge Unternehmen schnell in den Strudel hoher Kosten für den Bau immer größerer Anlagen, war plötzlich ein Abfallentsorger und benötigte dafür aufwändige Genehmigungsverfahren. Tjiok ließ die Zuhörer teilhaben an seinen Erfahrungen, begeisterte sie mit seinem enthusiastischen Auftritt – auch wenn er gerade vom Niedergang seiner Firma erzählte. Als „Weltrettung reloaded“ bezeichnete er sein aktuelles Start-up „Chill Choc“, hinter dem sich ein Entspannungsgetränk aus Hanf und Kakao verbirgt. Mit der Idee, Teile der Erlöse in Open-Source-Projekte für Bodenschutz und Bildung in Brasilien und Sri Lanka fließen zu lassen, schafften es Tjiok und sein Mitgründer Burkhard v. Stackelberg in das Wirkungsschaffer-Programm des Social Impact Lab in Stuttgart. Dort profitieren sie von Workshops, Coachings und dem Co-working mit anderen Social Start-ups, um dieser Gründung nun auch den verdienten Erfolg angedeihen zu lassen. Das Publikum ließ sich jedenfalls den mitgebrachten Kakao schmecken, aber die versprochene Entspannung musste noch warten …
Denn auch der dritte Redner zog schnell alle Aufmerksamkeit auf sich: Eleftherios Hatziioannou präsentierte seinen Werdegang in drei Kapiteln. Vom Elternhaus auf Sicherheit geprägt, wählte der Betriebswirtschaftler den Jobeinstieg beim Konzernriesen Daimler. Den vielen Studierenden, die ähnliche Wege gehen werden, empfiehlt er für ihre Karriere, regelmäßig die Komfortzone zu verlassen und zu prüfen, wo eigentlich ihre Leidenschaften liegen. Den schwäbischen Griechen, wie sich Hatziioannou selbst scherzhaft bezeichnet, führte die Erkenntnis in die unsichere Startup-Welt. An etwa zehn Gründungen war er bisher in verschiedenster Weise beteiligt. Aktuell brennt er für seinen Messaging Service „smoope“, der Unternehmen und Kunden besser vernetzen will. Bei den abschließenden Tipps – von „dream big, but stay awake“ bis „das Geld der Kunden ist bester Beweis dafür, ob sich jemand wirklich für deine Idee interessiert“ – nickten auch die beiden Vorredner zustimmend und klatschten Beifall.